Der Schlüssel würde noch passen. Moskauer Erinnerungen
»Wenn ich heute daran denke, welche Hoffnungen die Menschen in Ost wie West 1989 gehegt haben, frage ich mich immer wieder: Wie konnte es bloß dazu kommen, dass aus diesen großen Hoffnungen verlorene Illusionen wurden?«
Zur Buchpremiere von "Der Schlüssel würde noch passen. Moskauer Erinnerungen" (Droemer) teilt die bedeutende russische Oppositionelle Irina Scherbakowa im Gespräch mit der Journalistin Shila Behjat und dem Außenpolitischen Korrespondenten der ZEIT Michael Thumann ihre Erinnerungen an das Leben in Russland nach der Perestroika. Die Mitbegründerin der Menschenrechts-Organisation Memorial, die 2022 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde, verwebt dabei eigene Erfahrungen und gesellschaftliche Betrachtungen eng mit der russischen Geschichte und Politik des 20. Jahrhunderts.
Seit 2022 lebt die Historikerin, Germanistin und Publizistin Irina Scherbakowa im Exil in Tel Aviv und Deutschland. Ausgehend von ihrem Leben in Moskau und der Wohnung mit vielen Familienerinnerungen und Erbstücken, die sie und ihr Mann zurückließen, reist sie in der Zeit zurück. Sie berichtet vom Alltag und vom politischen Aufbruch in Russland zu Beginn der 1990er Jahre und beschreibt dabei die ungewohnte Freiheit und wie die Menschen mehr schlecht als recht damit umzugehen lernten. Scherbakowas Thema ist auch ihre bis heute andauernde, aktive politische Tätigkeit, ihr Kampf gegen Staatsterror und für die Aufarbeitung des Stalinismus und das scheinbar unaufhaltsame Abgleiten Russlands in die Diktatur.
Irina Scherbakowa, geboren 1949 in Moskau, ist Historikerin und Publizistin. Vor der Perestrojka arbeitete sie als Redakteurin und Übersetzerin deutscher Literatur. Seit Anfang der 1980er Jahre führte sie Gespräche mit GULAG-Überlebenden und leitete ab Gründung von Memorial (1989) die Bildungsarbeit der russischen Menschenrechtsorganisation, vor allem den Geschichtswettbewerb. Forschungsaufenthalte führten sie nach Berlin, Wien, Salzburg und Jena. 2021 liquidierte das Putin-Regime die NGO, 2022 erhielt Memorial gemeinsam mit dem belarussischen Menschenrechtsaktivisten Ales Bjaljazki und der ukrainischen Organisation Center for Civil Liberties den Friedensnobelpreis. Im selben Jahr verließ Scherbakowa ihr Heimatland und lebt heute in Berlin und Tel Aviv. Sie ist Vorstandvorsitzende der in Berlin gegründeten Exilorganisation Zukunft Memorial, gehört dem Kuratorium der Gedenkstätte Buchenwald an und ist Ehrenmitglied des Zentrums für Literatur- und Kulturforschung Berlin.
Shila Behjat, Journalistin und Publizistin, wurde in Karlsruhe geboren und wuchs im Allgäu auf. Nach einem Jura-Studium in Hamburg und Paris war sie Großbritannien-Korrespondentin für Axel Springer und berichtete 2010 für das Frauenportal goFeminin von der UN-Frauenrechtskommission. Bis 2019 war sie Chefredakteurin des Arte Magazins. Seit 2021 fungiert Shila Behjat bei Arte als Commissioning Editor (Kulturredakteurin). Sie ist Mitgründerin des Berliner Verlags BESHU Books, der sich die Förderung von Talenten und die Einbeziehung vielfältiger Stimmen zum Ziel gesetzt hat.
Michael Thumann studierte Geschichte, Politik und Slawistik an der Freien Universität Berlin, an der Columbia University in New York, an der Leningrader Staatsuniversität und am Puschkin-Institut in Moskau. Er ist Außenpolitischer Korrespondent der Wochenzeitung DIE ZEIT mit Sitz in Moskau und Berlin und schreibt über Russland, Osteuropa und internationale Politik. Seit 2021 leitet er zum dritten Mal das Moskauer Büro der ZEIT. Michael Thumann ist Autor mehrerer Bücher, zuletzt bei C.H.Beck erschienen ist seine Reisereportage "Eisiges Schweigen flussabwärts. Eine Reise von Moskau nach Berlin", in der er die Ängste vor Russlands Revanchismus und Kriegslust schildert und den Gründen für das prekäre deutsch-russische Verhältnis in Geschichte und Gegenwart nachspürt.
Jacken, Mäntel und Taschen größer als DIN A4 müssen an der Garderobe abgegeben werden.