Am 24. Januar 1975 fand das legendäre Köln Concert des Pianisten Keith Jarrett in der Kölner Oper statt.
Bevor Greg Baker dieses sagenumwobene Konzert als Hommage an Keith Jarrett am 24.1. im Schloss Vietgest präsentiert, gibt er im Alsterschlösschen eine Vorpremiere.
The Köln Concert ist auch die Albumaufnahme dieses Improvisation-Solokonzertes. Es ist die meistverkaufte Jazz-Soloplatte und meistverkaufte Klavier-Soloplatte. Bei den Solokonzerten ist es der Anspruch von Jarrett, ohne jede musikalische Vorüberlegung und ohne Plan „aus dem Nichts heraus“ Musik zu schaffen.
Die Einspielung des Köln Concert fand unter extrem widrigen Umständen statt. Der Musiker hatte die Nacht zuvor fast nicht geschlafen, da er seit dem frühen Morgen im klapprigen Renault 4 von einem Konzert in der Schweiz angereist war. Der eigentlich von dem Leiter der Kölner Oper zugesagte Bösendorfer-290-Imperial-Konzertflügel war an diesem Tag nicht auffindbar und er (der Leiter) hatte an diesem Datum einen freien Tag.
Es stand lediglich ein Bösendorfer-Stutzflügel bereit, der eigentlich nur für die Probenarbeit verwendet wurde, verstimmt war und bei dem die Pedale und einige Tasten klemmten. Ein Klaviertechniker brachte dieses klapprige Instrument auf bespielbaren Stand. Bis dahin war es bereits 23:00 Uhr, am 24. Januar 1975. Das Konzert war mit ca. 1.400 Besuchern ausgebucht.
Aufgrund dieser Umstände im Hinblick auf den desolaten Zustand des Stutzflügels wollte Jarrett nicht auftreten und in sein Hotel zurückkehren.Es ist der damals knapp 18-jährigen Veranstalterin Vera Brandes zu verdanken, daß sie Jarrett davon überzeugen konnte, doch noch aufzutreten. Jarrett willigte ein und sagte ihr sinngemäß: "Okay, I´ll play and I´ll play it only for you“.
Vor diesem Hintergrund entstand das grandiose Köln Concert.
1991 besorgten zwei japanische Musikwissenschaftler eine Notenausgabe des Köln Concert, die bei Schott Music als von Keith Jarrett autorisierte Original Transcription erschien. Jarrett schreibt hier im Vorwort, dass er erst auf Drängen von Musikwissenschaftlern und Pianisten die Erlaubnis für die Veröffentlichung einer Transkription gab, weil ...diese Improvisation nun aber schon in einer konkreten Form existiert und die Transkription nur eine Beschreibung der Musik darstellt“.
Zuvor war er der Meinung, das Produkt eines einzigen Improvisationskonzertes könne man nicht zum Nachspielen empfehlen. Weiterhin schreibt Jarrett in diesem Vorwort zu der Transkription:
"So haben wir hier sozusagen das Bild einer Improvisation vor uns (vergleichbar mit dem Druck eines Gemäldes),doch alles, was wir sehen ist die Oberfläche - die Tiefe bleibt uns verborgen.
Als Konsequenz daraus möchte ich jedem Pianisten, der beabsichtigt, das KÖLN CONCERT zu spielen, die Aufnahme als endgültige Referenz empfehlen. Viel Glück"
Auf dieser Basis fundiert Greg Bakers pianistisches Einfühlungsvermögen, das Köln Concert live nach 50 Jahren im Alsterschlösschen auf die Bühne zu bringen. Dabei möchte er weder Keith Jarrett covern, nachspielen oder sich an dessen Transcription klammern. Im Gegenteil, er wird Jarretts Leitthemen treu bleiben, aber in den Improvisationssequenzen seinem eigenen frei improvisionierten pianistischen Lauf Raum geben, ohne dabei die vollumfängliche Wirkung der Ganzheitlichkeit des Köln Konzertes dabei außer acht zu lassen.
In der oben erwähnten originalen Transcription für Piano besteht das Köln Concert aus vier Partitionen:
Part 1 Part 2 a Part 2 b Part 2 c
Greg Baker´s persönliches Empfinden, daß er in diesen Partitionen interpretierend zum Ausdruck bringen möchte, speziell vor dem Hintergund der oben erwähnten extrem widrigen Umständen, ist:
Part 1:
Keith Jarrett fühlt sich in den Flügel ein, weiß noch nicht wie das mit ihm und dem Flügel laufen wird, er testet ihn aus und spielt im Intro den Klang des Kölner Opernhauses nach, sozusagen als Basis für alles Weitere dann im Verlauf.
Die Presse damals darüber:
"...Von Motiven, an ruhigen wie triebhaften Momenten, an Spannung, ekstatischer Wohlklangserlösung und Entspannung aneinander reiht."
Part 2 a:
Für mich ist diese Sequenz ein sogenannter pianistischer Freilauf in der weiteren Improvisation des laufenden Konzertes. Ein fortschreitendes Angekommensein und thematischer Beginn, nach der sukzessiven Approximation an das Instrument mit sich selbst im Part 1.
Die Presse damals darüber:
Part IIa wird dagegen von einer ganz anderen Stimmung dominiert, die an die Lebensfreude und die Spiritualität eines Gospelgesanges erinnert.
Zu Beginn dieses Teils spielte Jarrett ein rhythmisch akzentuiert gehämmertes 1-4-Ostinato in der linken Hand, über dem er mit der rechten Hand sehr tänzerisch spielte. Das mündete in eine „retardierende Fortsetzung, die die Stimmung und rhythmische Gliederung des Anfangs wieder aufnahm und in ein pathetisches, oszillierendes Finale überging, das leise, verhalten, meditativ endete“.
Part 2 b:
Für mich im weiteren Verlauf des Konzertes ist diese Partition das endgültige Angekommensein innerhalb einer Improvisation, fast schon meditativ, weiträumig, transzendent, aus sich herausgehend, loslassen, also einfach "to be".
Die Presse damals darüber:
"Part IIb hat deutliche Züge einer Elegie gipfelt aber „in einem dreistimmigen Chor mit fast kathedraler Klanggewalt“
Part 2 c:
Mein Spiel dazu:
To me: This is the part "to see"
Eine weiter steigernde Versöhnung im Bezug auf alle drei davor improvisierten Parts, ein Resumée des voran Improvisierten, ein Friedensschluss, eine Liebeserklärung an die Musik und an die Welt.
Einfach Frieden.
Einlass 15 min vor Veranstaltungsbeginn