Marco da Silva Ferreira: CARCAÇA
Wie entsteht Gemeinschaft, wie entsteht ein kollektives Gedächtnis aus individuellen Erinnerungen? Das erforscht der Portugiese Marco da Silva Ferreira mit seiner Kompanie Pensamento Avulso, deren fröhliche Diversity sich weder um Hautfarbe, Genderzugehörigkeit oder intakte Körper schert. In Sneakers federn die Tänzer in kleinen, rasanten Schritten wie beim Clubbing oder Street Dance. In dieses coole Vom-Boden-Schnellen mischen sich immer wieder die Traditionen, die in den einzelnen Körpern stecken – die stolze portugiesische Folklore, die Erdverbundenheit afrikanischer Tänze, der amerikanische Moonwalk der 80er. Was bleibt von damals, wie wird aus Solitären eine synchrone Gruppe? „CARCAÇA“ untersucht, ob der Tanz die neuen Bewegungen aufnehmen und integrieren kann, die vielleicht auf der Straße entstanden sind, oder ob er dafür mit einer autoritäten Vergangenheit brechen muss. Soll man sein Erbe bewahren oder sich davon trennen? Wird die Demokratie hohl, wenn eine Autorität die Identität bestimmt und sie nicht aus dem Volk heraus entsteht? Lautstark singt das Ensemble ein Arbeiterlied, in Leuchtschrift erscheint „Alle Mauern fallen“ an der Wand und die Hemden mutieren zu Plakaten, Schutzschildern, offenen Mündern. Die Menschen hinterfragen sogar den Boden, auf dem sie tanzen. „CARCAÇA“ versucht, Vergangenheit und Gegenwart im Tanz zu verbinden – das Wort bedeutet „Gerippe“ oder „Wrack“, meint aber auch das Gestänge, an dem sich vielleicht etwas Neues aufhängen lässt. Marco da Silva Ferreira wurde von Hofesh Shechter entdeckt; er fordert mit seinem hochintensiven, bewegungsreichen Stil die Tänzer und mit seinen gesellschaftskritischen Themen die Zuschauer heraus.
Das Stück hat Ferreira, der selbst vom Streetdance kommt, in die internationale Oberliga der zeitgenössischen Tanzszene katapultiert. Acht virtuose Tänzer amalgamieren die Kräfte der Vergangenheit hinein in eine unwirkliche Zukunft.
Berliner Zeitung
Im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubende Choreografie.
Kronen Zeitung
Gerade im Tanz, in der Orchestrierung von dynamischen Körpern unterschiedlicher Geschlechter, Generationen und Herkünfte, ist Marco da Silva Ferreira am stärksten.
Der Standard
Der Portugiese lässt keinen Zweifel daran, dass er hier keine billige Folklore-Show serviert, sondern genau weiß, was er tut: „Die Tänze in ‚Carcaça‘ spiegeln die Realität der Gemeinschaften wieder: die Menschen, ihre Wünsche, ihre Ängste.“
Der Standard