Wer die Musik dieses Duos hört, denkt womöglich an Texas, Louisiana, ans Mississippi-Delta und andere lieb gewonnene Klischees. Aber an Andechs und Solln? Doch, stimmt schon: Die Gitarristen Guido Rochus Schmidt und Tom Höhne, die den Blues so geradlinig, kantig und ohne Schnörkel spielen, als kämen sie aus Houston, Memphis oder Baton Rouge, leben in München und direkt am Heiligen Berg. Und das vielleicht Erstaunlichste an ihren Konzerten und ihrem Plattendebüt „Upcycling the Blues“ ist, dass ihre eigenen Stücke mit den Songs von Heroen wie Blind Willie Johnson, Lightnin‘ Hopkins und Robert Johnson mithalten können. Normalerweise geht das ja in die Hosen, weil die Fallhöhe so groß ist: lauter Eigenkomposition und dazwischen grandiose Lieder von Robert Johnson und Tom Waits. Aber das erste, live aufgenommene Album von Señor Blues klingt wie aus einem Guss.
Die jung gebliebenen Musiker Schmidt, 65, und Höhne, 60, kennen sich seit bald vier Jahrzehnten. Früher spielten der Geschäftsführer und Umweltbeauftragte der Andechser Öko-Druckerei Ulenspiegel und der Architekt aus Solln in Formationen wie Basement Appartement und Williams Wetsox. Vor gut vier Jahren gründeten sie Señor Blues. Der Name spielt auf ihr fortgeschrittenes Alter an. Dass es einen sehr getragenen Jazz-Standard mit diesem Titel von Horace Silver gibt, merkten sie erst hinterher. Das Duo beschränkt sich aufs dringend Notwendige, auch musikalisch. Die Songs bewegen sich meist im Drei-Minuten-Format, die punktgenauen und erdigen Solos sind nie in die Länge gezogen. Rhythmisch sind Señor Blues ohnehin eine Wucht, auch deshalb, weil Höhne auf seiner um sechs Halbtöne tiefer gestimmten Isana-Gitarre die Rolle des Bassisten übernimmt. Dazu kommen Texte, die von der Reaktorkatastrophe von Fukushima handeln („Hard Radiation“) und vom Schlechtdraufsein („Crystal Roads“), die der schönen Gangsterbraut Catherine Rouvel aus dem Film „Borsalino“ huldigen („Borsalino Girl“) oder der eigenen Ehefrau („Tell me Baby now“). Schmidt schreibt die Lyrics, der Andechser ist schließlich auch Schriftsteller und hat schon die beiden Romane „Die Soldaten der Jungfrau“ und „Woher der Wind weht“ herausgebracht. Er singt mit einer Stimme, die fast schon das Gegenstück zum typisch in die Höhe schrillenden Bluesgesang ist und trotzdem passt: dunkel, sonor und nur ganz leicht angeraut.
Einlass 19:00 Uhr