Weihnachten mit Stil. Im alten Stil, der in die Gegenwart passt wie nichts sonst. Hirtenmusik, Harfe und ein Chor, der Wunder wirkt. Und dann dazu einlädt mitzusingen, der Reihe nach:
Zuerst die Kantate „Lauda per la Nativitá del Signore“ von Ottorino Respighi. Kein Glanz & Gloria und keine Pauken & Trompeten, der italienische Komponist - er hatte das Pech, ein Zeitgenosse Mussolinis zu sein und wurde von dem und seinen Faschisten umworben, Respighi hat ausgesprochen spröde auf deren Avancen reagiert - und hat ein Werk „im alten Stil“ geschaffen: Zum „Fest der Geburt des Herrn“ ruft er die Gregorianik herbei, die Renaissance, den Frühbarock und hüllt sie in ein spätromantisches Klanggewand. Ein selten gespieltes Werk, selten betörend, selten tagesaktuell.
So auch „A Ceremony of Carols“ von Benjamin Britten, ein Zyklus weihnachtlicher Lobgesänge, die Britten 1942 komponierte. Und zwar mitten auf dem Atlantik, sein Schiff fuhr ihn, den Pazifisten, zurück in den Krieg, dem er entkommen wollte und es nicht konnte, er wusste, auf welcher Seite er komponiert. Und an was es, wenn der Krieg tobt, unbedingt zu erinnern gilt, an das Inbild eines Wehrlosen, ein Kind im Stall, an Weihnachten im alten Stil. Mild dissonant, von Kirchentonarten geprägt, Britten schafft eine Klangsinnlichkeit, die eine Wahrheit zurückruft: dass es die Wehrlosigkeit ist, die überwältigt, und kein heroisches Getue.
Einstimmen in eine Wahrheit, die wehrlos ist? Der dritte Teil des Abends: Chorwerk Ruhr, der Chor der Chöre, lädt zum Mitsingen ein, Florian Helgath dirigiert. Einladungen zum Mitsingen gibt es an jeder Ecke, diese hier ist anders, kein Mitgeklatsche auf die 2 und keines auf die 4, kein Strammstehen vor dem eigenen Einsatz, stattdessen ein Einfühlen in den Sinn, der nur entsteht, wenn man weiß, für was es sich zu singen lohnt. Wenn Florian Helgath dirigiert, ist es - in Zeiten wie diesen - das einzige Dirigat, dem man mit Hingabe folgt, weil es dazu befreit, die eigene Stimme zu erheben. Ein Weihnachtskonzert im alten Stil.
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CHORWERK RUHR
Bläserensemble der Jungen Deutschen Philharmonie
Solisten aus den Reihen von CHORWERK RUHR
Harfe: MERET EVE HAUG
Klavier: NICO KÖHS & TONI MING GEIGER
Dirigent: FLORIAN HELGATH