Sonja Kowollik nimmt mit auf einen illuminierten Trip durch die Widersprüche und Extreme des Lebens, „illuminée“ inszeniert sie ein Wechselbad der Gefühle und „Philosophien“. Nach dem Gute-Laune-Opener von Haydn Hosokawas meditativer „Verlust“. Das Stück entstand für das „Diabelli-Projekt“ Rudolf Buchbinders zum Beethoven-Jubiläum 2020. Der große Pianist stellt darin dessen „Diabelli-Variationen“ über ein Walzerthema Anton Diabellis (1819) neuen Variationen auf dieses Thema gegenüber, um die er heutige Komponist:innen gebeten hatte. Beethovens Opus 111, seine letzte, zum Mythos gewordene Klaviersonate, setzt einen Grunddualismus der Welt, unseres Denkens in Musik. Auf das formal gebundene Allegro in der düsteren „Schicksalstonart“ c-Moll folgt das erlöst-sangliche Adagio in strahlendem C-Dur, das mit seinen Variationen alle Grenzen auflöst. „Per aspera ad astra“ – durchs Raue zu den Sternen? Hebt Beethoven hier ab in die Transzendenz (wie in seinen Diabelli-Variationen)? Und verkündet Messiaen die Überlegenheit des Spirituellen in seinen „Vingt Regards“? Zwei von Messiaens Meditationen zur Geburt Jesu hat Sonja Kowollik ausgewählt: Gottvater blickt auf seinen Sohn mit Wohlgefallen und Zärtlichkeit; schrecklich der Blick auf Christus als den Gesalbten Gottes, Herrscher und Richter der Endzeit. Auf einem Wandteppich hatte Messiaen den erhöhten Christus im Blitzgewitter zornig das Schwert schwingen sehn. Zart dagegen leuchten aus dem Kriegsgewitter 1916 Debussys Abende, wenn sie die Glut der Kohle, die kaum zu kriegen war, erhellte. Und verbirgt Debussy in seinen Etüden „rigorose Technik unter Blumen von Harmonien“, so stellt G. Agosti in seiner Bearbeitung von Strawinskys Ballett „Der Feuervogel“ pianistische Virtuosität faszinierend aus. Im Finale fliegen die Funken – als sprühten drei Hände Feuer.
Programm:
Illuminée
Joseph Haydn (1732–1809): Fantasie C-Dur „Capriccio“, Hob.XVII/4
Toshio Hosokawa (*1955): Verlust
Ludwig van Beethoven (1770–1827): Klaviersonate Nr. 32 c-Moll, op. 111
Olivier Messiaen (1908–1992): Regard du Père | Regard de l’Onction terrible. Aus: Vingt Regards sur l’Enfant-Jésus
Claude Debussy (1862–1918): Les soirs illuminés par l’ardeur du charbon | Étude Nr. 7: Pour les degrés chromatiques | Étude Nr. 8: Pour les agréments
Igor Stravinsky (1882–1971) | Guido Agosti: L’Oiseau de Feu
Künsterin:
Sonja Kowollik (*2001), GWK-Preisträgerin 2021, durchlief die Jugendakademie Münster und studierte in Köln bei Claudio Martínez Mehner und Nina Tichman, bevor sie zum Masterstudium bei Eldar Nebolsin an die Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin ging.
Ort:
LWL-Römermuseum (Ausstellungssaal)
Weseler Str. 100, 45721 Haltern am See
Das LWL-Römermuseum, Museum und Forschungsstätte in einem, begreift sich als überregionales Römermuseum, in dem die bedeutendsten Funde aus allen Römerlagern an der Lippe ausgestellt sind. Es wurde am Originalstandort des Römerlagers Aliso, in dem die Legionäre vor 2.000 Jahren campierten, gebaut. 1993 eröffnet, lässt das Zentralmuseum für römische Militärgeschichte in Nordwestdeutschland die 28-jährige Geschichte der Römer in Westfalen lebendig werden mit Rekonstruktionen zum Ausprobieren, mit Filmen, 3-D- und Virtual-Reality-Animationen, Hörspielen und Modellen.
Die Konzertreihe wird veranstaltet in Kooperation mit der KulturStiftung Masthoff und dem Westfälischen Römermuseum.
Foto: © Anna Tena