Ständig erreichbar sein war gestern. Lennart Schilgen meldet sich mit seinem dritten Programm zurück – und glänzt durch Abwesenheit. Wenn er nicht gerade Konzerte gibt und Kleinkunstpreise einheimst (Prix Pantheon, Stuttgarter Besen, u.v.m.) macht er vor allem nämlich eins: sich davon. Unter anderem geht’s auf Radtour, ins Kloster und ins kommunistische Sommercamp. Oder auch nur in die Untiefen seiner Gedanken, was oft abenteuerlich genug ist.
Herauskommen Lieder über die Ab- und Umwege in der Welt und im eigenen Kopf. Voller Leichtigkeit und Witz, aber auch ohne Scheu davor, sich den dunklen Ecken zu widmen. So wird diesmal teils jahrelang unter den Teppich Gekehrtes hervorgekramt: Die alte PUR-Kassette. Die Grundschulzeugnisse. Die Sache mit der Nachtbushaltestelle. Zum Glück führt Schilgen sicher über jeden Abgrund – getragen von seinem versierten Klavier- und Gitarrenspiel, seiner Stimme und seinem „wachen Geist, mit Herz und Humor und hinterhältigen Pointen“ (Laudatio zur ‚Tuttlinger Krähe‘).
Und wenn alle Stricke reißen, gibt’s ja immer noch die Gedichte: kleine, sprachliche Wundertüten, zu tiefst albern, in höchstem Maße kunstvoll. Die erst kürzlich erschienen „Gesammelten Werke“ sind, wenn damit hier kurz angegeben werden darf, in Lyrikband-Maßstäben bereits sowas wie ein Bestseller. Noch Fragen? Dann können Sie ihm gerne jederzeit eine Mail schreiben. Er antwortet halt nicht. Also: am besten einfach direkt zum Konzert kommen.
Lennart Schilgen schreibt Lieder, die Geschichten erzählen. Meistens über das, woran er scheitert: Entscheidungen treffen. Mädchen am Lagerfeuer beindrucken. Den Kapitalismus abschaffen. Dafür gelingt es ihm immer wieder, dem Konzept „Typ mit Gitarre“ ungehörte Facetten abzutrotzen. Musikalisch versiert spielt er mit Genre-Traditionen und springt lässig zwischen Stilen und Stimmungen: Mal beatlesquer Pop, mal stramm marschierende Protesthymne, mal „Reinhard Mey-Parodie zum Niederknien“ (Mannheimer Morgen). Für seine „Funken schlagende Sprachkunst“ (AZ) wurde er vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem „Prix Pantheon“. Natürlich weiß er, dass Preise nichts über die Qualität aussagen müssen. Aber wenn er sie selbst gewinnt, kann er da erstaunlich gut drüber hinwegsehen.
Bild: Marvin Ruppert
Einlass: 19:45 Uhr