Er gehört zu den markantesten und intensivsten Theaterschauspielern in Deutschland: Andreas Seifert. Heute, bald zwanzig Jahre nach der von ihm gespielten Uraufführung von „Zur Blindheit überredete Augen / Hölderlin“ in der Regie von Hannes Hametner ist Seifert Hölderlin (1770 bis 1843) zur Paraderolle geworden.
Seifert spielt Hölderlin solo. Nur ein Thron befindet sich auf der leeren Bühne. Das Publikum trifft auf einen Hölderlin, der, erst 36jährig, auf seine gescheiterten Hoffnungen blickt. Napoleon hat Europa in ein Schlachtfeld verwandelt und der von Hölderlin erdachte utopische Staat, gebildet nach den Idealen der Französischen Revolution und nach den Gesetzen der Freiheit und Schönheit, liegt in ebenso weiter Ferne wie ein sinnvolles und tätiges Leben. Ohne Aussicht auf Veränderung, bleibt Hölderlin bloß die Sprache, mit der er sich an seiner Wut, Verzweiflung und Trauer weidet. Zur Handlungsunfähigkeit verdammt, zelebriert der Dichter sein Leiden an der Gesellschaft und radikalisiert dabei seine Gedanken bis zum Fanatismus. Hölderlin beginnt, sich im göttlichen Wahnsinn von Ajax, im Fluch des Ödipus oder im Opfergang des Empedokles zu spiegeln. Eingesperrt in seine Gedanken wird die Sprache zur Waffe, dem Leben und dem Tod gleichzeitig einen Sinn abzutrotzen. In diesem Kampf wird Hölderlin zur aktuellen Figur.

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