Mit der Ausstellung »The Story That Never Ends. Die Sammlung des ZKM« gibt das ZKM | Karlsruhe einen umfassenden Einblick in die eigene Sammlung, die mit ca. 12.000 Werken zu den größten und bedeutendsten Medienkunstsammlungen der Welt gehört. Die Ausstellung erzählt nicht nur von den miteinander verwobenen Geschichten von Kunst und Technologie, sondern auch von den Herausforderungen, die die schnelllebigen technologischen Medien für Museen weltweit mit sich bringen.
Die Geschichte der Medienkunst von den 1950er-Jahren bis heute
Elektrifizierung und Digitalisierung haben die Welt verändert. Dieser Wandel erfasste nicht nur unseren Alltag, sondern wirkte sich auch auf das künstlerische Schaffen aus.
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts nutzen Künstler:innen diese sich rasant weiterentwickelnden Technologien und erweitern so kontinuierlich die Ausdrucksmöglichkeiten der Kunst: Das Spektrum reicht von Video-, Licht- und Klangkunstwerken, über motorbetriebene kinetische Objekte, bis hin zu computerbasierten interaktiven Installationen oder Werken, die mithilfe von künstlicher Intelligenz erzeugt wurden.
Mit etwa 100 Arbeiten zeichnet »The Story That Never Ends« diese Entwicklungslinien der apparativen Künste und ihre Öffnung zu den Kategorien Raum, Zeit und Bewegung sowie Interaktion und Partizipation nach – von den 1950er-Jahren bis in die Gegenwart. Eine Auswahl bedeutender Schlüsselwerke, die wichtige Momente und Meilensteine der Medienkunst repräsentieren, stellen die Vielfalt und den Einfluss dieser technologischen Entwicklungen dar. Marie-Jo Lafontaines monumentale Videoskulptur »Les larmes d’acier« (1987), mit der sie auf ironische Weise die komplexen Begriffskonstellationen „Mann, Maschine, Macht und Sexualität“ paradigmatisch dekonstruiert sowie Bill Violas Video-Klanginstallation »Stations« (1994), die zentrale Aspekte seines künstlerischen Schaffens wie grundlegende Themen menschlichen Daseins vereint oder Jeffrey Shaws »Virtual Sculpture« (1981), die für frühe Experimente der Augmented Reality steht, bilden hier eine kleine Auswahl an Beispielen.
Gleichzeitig macht die Ausstellung auch den sozial- und gesellschaftspolitischen Rahmen, in dem die Werke entstanden sind nachvollziehbar, um Rückschlüsse und Bezüge zu den drängenden Fragen unserer heutigen Zeit zu ermöglichen: Feministische Arbeiten früher (Medienkunst-)Pionierinnen, wie beispielsweise pezoldo (aka Friederike Pezold), Lynn Hershman Leeson, Kirsten Geisler oder Rebecca Horn, sind hier genauso zu nennen wie Arbeiten, die die Auswirkungen der Massenmedien wie Fernsehen (Nam June Paik, Wolf Vostell), die Verbindung zwischen Technologie und Militär, Grenzen und Überwachung oder Gewalt im digitalen Raum (Paul Garrin, Hanna Haaslahti, David Rokeby) oder natürliche Ökosysteme (Justine Emard, Claudia González Godoy) reflektieren. Immer wieder hinterfragen Künstler:innen die Möglichkeiten und Auswirkungen neuer Medien, denken und gestalten sie um, und bringen so neue soziale und kulturelle Narrative hervor, die den Diskurs über unser Verhältnis zu Technologie prägen.
Wir betrachten Kunst, wie der Ausstellungstitel suggeriert, als eine Geschichte, die niemals enden wird, solange es Menschen gibt. Dass wir nicht wissen, welche Form sie in der Zukunft annehmen wird, hat sie mit der Technologie gemeinsam. Unser Wissen über die Vergangenheit und Gegenwart beeinflusst, wie wir die Zukunft gestalten und das, was noch kommen wird, wertschätzen.
Die Medienkunstrestaurierung
„Die Geschichte, die niemals endet“ spielt nicht nur auf die künstlerische Entwicklung, sondern auch auf die Herausforderungen an, mit denen Museen konfrontiert sind, die Medienkunstwerke sammeln: Technische Geräte sind nicht für die Ewigkeit gemacht, Datenträger zerfallen, Softwarestandards sind rasch überholt und Medienformate sind nach wenigen Jahren nicht mehr lesbar. Das bedeutet, dass Werke kontinuierlich von Restaurator:innen überwacht und technisch aktualisiert werden müssen. Welche Auswirkungen hat dies auf die Kunst und unser kulturelles Gedächtnis? Welche Fähigkeiten müssen wir entwickeln, um nicht nur eine Zukunft zu haben, sondern auch eine Vergangenheit?
Das ZKM verfügt über eine international anerkannte Expertise in der Konservierung und Restaurierung von Medienkunst. Da diese konservatorischen und restauratorischen Arbeiten jedoch vornehmlich im Verborgenen geschehen, geht »The Story That Never Ends« einen radikalen Schritt: Die Entscheidung, welche Schlüsselwerke aus der Sammlung in der Ausstellung gezeigt werden, wurde den Restaurator:innen des ZKM anvertraut. Sie bringen so verborgene Schätze ans Licht, die aufgrund von aufwändigen Erhaltungsmaßnahmen zum Teil seit Jahrzehnten nicht mehr öffentlich sichtbar waren. Da die Werke selbst nicht unbedingt die Komplexität ihrer Technik und die Herausforderungen ihrer Erhaltung offenbaren, bietet die Ausstellung zusätzlich eine Einführung in die Technikgeschichte und in die Konservierungsstrategien für diese Art von Werken.
Der Blick von der Vergangenheit in die Zukunft
»The Story That Never Ends« erzählt somit anhand der einzigartigen Sammlung des ZKM nicht nur die faszinierende Geschichte der Medienkunst. Sie macht auch die Fragilität unserer elektrifizierten und digitalisierten Zivilisation deutlich. Die Ausstellung ermöglicht einen tiefgehenden Einblick in die Kunst- und Technikgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts und zeigt, wie Geschichte den Blick auf die Gegenwart schärft und anregt, mögliche Zukünfte zu imaginieren.
Mi bis Fr: 10 bis 18 Uhr
Sa, So: 11 bis 18 Uhr
With the exhibition »The Story That Never Ends. The Collection of the ZKM«, the ZKM | Karlsruhe provides a comprehensive insight into its own collection, which, with around 12,000 works, is among the largest and most significant collections of media art in the world. The exhibition tells not only of the intertwined stories of art and technology but also of the challenges that fast-paced technological media bring to museums worldwide.
The history of media art from the 1950s to the present
Electrification and digitalization have changed the world. This transformation has not only affected our daily lives but has also impacted artistic creation.
Since the beginning of the 20th century, artists have been using these rapidly evolving technologies and constantly expanding the expressive possibilities of art: The spectrum ranges from video, light, and sound works to motor-driven kinetic objects, as well as computer-based interactive installations or works created with the help of artificial intelligence.
With about 100 works, »The Story That Never Ends« traces these developmental lines of the apparatus arts and their openness to the categories of space, time, and movement as well as interaction and participation – from the 1950s to the present. A selection of important key works that represent significant moments and milestones of media art illustrates the diversity and impact of these technological developments. Marie-Jo Lafontaine's monumental video sculpture »Les larmes d’acier« (1987), which ironizes the complex conceptual constellations of "man, machine, power, and sexuality," as well as Bill Viola's video-sound installation »Stations« (1994), which unites central aspects of his artistic work along with fundamental themes of human existence, or Jeffrey Shaw's »Virtual Sculpture« (1981), representing early experiments in augmented reality, form a small selection of examples here.
At the same time, the exhibition also makes the socio-political context in which the works were created comprehensible, allowing for deductions and connections to the pressing questions of our time: Feminist works by earlier (media art) pioneers, such as pezoldo (aka Friederike Pezold), Lynn Hershman Leeson, Kirsten Geisler, or Rebecca Horn, are just as noteworthy as works reflecting the impacts of mass media like television (Nam June Paik, Wolf Vostell), the connection between technology and the military, borders and surveillance, or violence in the digital space (Paul Garrin, Hanna Haaslahti, David Rokeby) or natural ecosystems (Justine Emard, Claudia González Godoy). Artists repeatedly question the possibilities and effects of new media, rethink and redesign them, thus bringing forth new social and cultural narratives that shape the discourse about our relationship with technology.
We perceive art, as the exhibition title suggests, as a story that will never end as long as there are people. The fact that we do not know what form it will take in the future is something it shares with technology. Our knowledge of the past and present influences how we shape the future and value what is yet to come.
The restoration of media art
„The Story That Never Ends“ not only refers to artistic development but also to the challenges museums face when collecting media artworks: Technical devices are not made for eternity, data carriers deteriorate, software standards become obsolete very quickly, and media formats are no longer readable after a few years. This means that works must continuously be monitored and technically updated by conservators. What impact does this have on art and our cultural memory? What skills do we need to develop to not only have a future but also a past?
The ZKM has an internationally recognized expertise in the conservation and restoration of media art. However, since these conservation and restoration activities mostly happen behind the scenes, »The Story That Never Ends« takes a radical step: The decision about which key works from the collection are shown in the exhibition has been entrusted to the conservators of the ZKM. In doing so, they bring hidden treasures to light that have, due to elaborate preservation measures, often not been publicly visible for decades. Since the works themselves do not necessarily reveal the complexity of their technology and the challenges of their preservation, the exhibition also provides an introduction to the history of technology and conservation strategies for this type of works.
The view from the past into the future
»The Story That Never Ends« thus not only tells the fascinating story of media art through the unique collection of the ZKM. It also highlights the fragility of our electrified and digitalized civilization. The exhibition allows for an in-depth insight into the art and technology history of the 20th and 21st centuries and shows how history sharpens the view of the present and stimulates the imagination of possible futures.
Wed to Fri: 10 am to 6 pm
Sat, Sun: 11 am to 6 pm