Mit Bach durch die Regio - BACH & BIKES
BACH & BIKES – 18. Mai 2025
Endingen, Forchheim, Riegel
Station 1 – Endingen: Karin Karle
Johann Sebastian Bach (1685-1750)
Präludium und Fuge in e-Moll BWV 533
aus Triosonate Nr. 4 e-Moll BWV 528:
2. Andante
Joseph Gabriel Rheinberger (1839-1901)
aus Sonate in e-Moll op. 132, Nr. 8:
Scherzo
Passacaglia
Ob J. S. Bach seine Triosonate Nr. 4 in e-Moll BWV 528 wirklich als Unterrichtsmaterial für seinen ältesten Sohn Wilhelm Friedemann schrieb, um ihm die Prinzipien des dreistimmigen Satzes nahezubringen, ist nicht gesichert. Dass Bach seine Triosonaten, bei denen beide Hände auf zwei Manualen sowie die Füße im Pedal eigenständige Linien zu spielen haben, als Lehrwerke und Prüfungsstücke einsetzte, belegen Abschriften seiner Schüler. Das Andante als Mittelsatz der Triosonate Nr. 4 ist geprägt von inniger Schönheit und melancholischer Ausdruckskraft. In der unabhängigen und gleichwertigen Bewegung der Stimmen erzeugt Bach hier durch die Interaktion der beiden Diskantstimmen einen dichten musikalischen Dialog. Nicht nur in seinem Ursprungswerk, sondern auch im heutigen Konzertprogramm dient das Andante als ruhiger Kontrast zu dem lebhaften „kleinen“ Präludium und Fuge in e-Moll BWV 533 und den beiden letzten Sätzen von Joseph Gabriel Rheinbergers Sonate in e-Moll op. 132, Nr. 8. Das Scherzo in a-Moll ist ein lebhaftes und virtuoses Stück, dem das über weite Strecken vorgeschriebene forte bis fortissimo einen kraftvollen und energischen Charakter verleiht. In der abschließenden Passacaglia stellt Rheinberger uns zunächst ein achttaktiges Thema im Pedal vor, welches sich stetig wiederholend und gut hörbar durch den ganzen Satz und alle Stimmen zieht. Um dieses Thema herum entwickeln sich 24 kunstvoll gearbeitete und sich stetig in Intensität und Komplexität steigernde Variationen, wobei zum Schluss ein Zitat des langsamen Einleitungsthemas des ersten Satzes dieser Sonate erklingt.
Als Bezirkskantorin ist Karin Karle (*1975) zuständig für die kirchenmusikalische C-Ausbildung. Zudem leitet sie als zuständige Kirchenmusikerin in St. Trudpert, Münstertal, die dortige Konzertreihe „Konzerte St. Trudpert“. Neben ihrer Konzerttätigkeit als Organistin sind ihre Chorkonzerte bei Mitwirkenden wie Zuhörern gleichermaßen beliebt. Karin Karle studierte Kirchenmusik in Freiburg, u. a. bei Prof. Zsigmond Szathmáry (Orgel) und Hans Michael Beuerle (Chorleitung). Seit Januar leitet Karin Karle interimsweise die Domkapelle am Freiburger Münster.
Station 2 – Forchheim: Lars Schwarze
Edward Elgar (1857-1934)
aus Severn Suite op. 87
1. Introduction (Worcester Castle) - Pomposo
Johann Sebastian Bach (1685-1750)
Fantasie und Fuge c-Moll BWV 537
Charles Macpherson (1870-1927)
Andante soavemente e dolce
Lars Schwarze (*1994)
Improvisation: Miss Marple zu Gast in Downton Abbey
Was liegt näher, als sich an einer englischen Orgel durch Lars Schwarze und Miss Marple musikalisch nach Großbritannien entführen zu lassen? Unterstützt werden sie dabei von dem schottischen Organisten Charles Macpherson, der schon im Alter von neun Jahren als Chorister an die St. Paul’s Kathedrale in London ging, wohin er nach dem Studium an der Royal Academy of Music als Organist zurückkehrte. Nicht fehlen darf natürlich Edward Elgar, der das Radfahren in den 1890er Jahren für sich entdeckte und seither regelmäßig ausgedehnte Touren – auch mehrmals pro Woche – unternahm. „Am besten lernt man das Radfahren mit einem stabilen Gurt um die Taille, den dein Lehrer festhält: so habe ich es gelernt“, schrieb er am 22. März 1903 an seinen Freund und Verleger August Jäger. Oft begleitet von seiner Frau Alice erkundete er seine Heimat Worcestershire im Sattel seines Fahrrades sitzend, welchem er den Namen Mr. Phoebus gab. Man kann sich gut vorstellen, wie die Rhythmen des Radfahrens, die wechselnden Landschaften und die Freiheit des Unterwegsseins seine Musik inspiriert haben könnten. Ein Stück Heimat und eine Tour durch Worcester ist auch seine ursprünglich für Blasorchester komponierte Severn Suite op. 87, benannt nach dem Fluss, der durch die Stadt fließt. Die Beinamen der Sätze mit historischen Orten in der Stadt stammen allerdings nicht von Elgar selbst, sondern wurden in der später veröffentlichten Bearbeitung für Militärorchester hinzugefügt. Der majestätische und pompöse Charakter der Introduction passt jedoch sehr gut zu der Erhabenheit von Worcester Castle, und man kann sich vorstellen, wie Elgar auf seinem Mr. Phoebus auf einer seiner Radtouren dort vorbeikam. Lebhaft vorstellen kann man sich auch Miss Marples Besuch in Downton Abbey, das Empfangskomitee des gesamten Hauspersonals, vielleicht ein Bankett, garantiert aber spitzzüngige Kommentare von Violet Crawley, der Dowager Countess of Grantham. Welchen Fall wird Miss Marple wohl zu lösen haben? Fehlt etwa ein teures Schmuckstück?
Lars Schwarze (*1994) ist Bezirkskantor der Evangelischen Kirche in Freiburg. Er studierte Kirchenmusik und Konzertfach Orgel in Lübeck und Stuttgart sowie für ein Jahr an der Royal Academy of Music in London, wo er mit dem „Margaret and Sydney Lovett Prize“ ausgezeichnet wurde – nur einer von vielen Auszeichnungen, die er für sein Orgelspiel erhalten hat. Neben seiner Konzerttätigkeit ist er auch als Komponist tätig mit Aufträgen u. a. für die „Nordischen Filmtage“, das Weltkulturerbe Fagus-Werk und die Temple Church London.
Station 3 – Riegel: Johannes Götz
Dieterich Buxtehude (1637-1707)
Magnificat Primi Toni BuxWV 203
Johann Sebastian Bach (1685-1750)
Meine Seele erhebt den Herrn BWV 648
Dieterich Buxtehude
aus: La Capricciosa BuxWV 250
8 von 32 Partiten
Johann Sebastian Bach
aus: Goldberg-Variationen BWV 988
Variatio 30
Präludium und Fuge G-Dur BWV 541
„Kraut und Rüben haben mich vertrieben“. Dieses bekannte thüringisch-sächsische Volkslied hat nicht nur Johann Sebastian Bach in seinem Quodlibet, der Variatio 30 seiner Goldberg-Variationen BWV 988, verwendet. Auch Dieterich Buxtehude scheint diesen Gassenhauer – oder zumindest seine ursprüngliche, textlose Version als Bergamasca von Samuel Scheidt – gekannt zu haben. Mit La Capricciosa BuxWV 250 schrieb er gleich 32 kleine Variationen über eine Aria, der ebendieses Thema zugrunde liegt. Dass Buxtehude ein großes Vorbild für Bach war, ist unumstritten. Schließlich machte er sich 1705 von Arnstadt aus zu Fuß auf den weiten Weg, um Buxtehude im 400 Kilometer entfernten Lübeck zu hören und von ihm zu lernen. Ob und inwieweit das charmant lebendige und virtuose La Capricciosa Vorbild für Bachs Goldberg-Variationen war, ist jedoch umstritten. Sicher ist, dass Bach in seiner 30. Variation das Volkslied „Kraut und Rüben haben mich vertrieben“ auf humorvolle Weise mit „Ich bin so lang nicht bei dir g’west“ kombiniert. Sie zeugt von Bachs Fähigkeit, in einem derartig komplexen Werk mit musikalischem Witz solche überraschende und unterhaltsame Momente zu schaffen. Inhaltlichen Zusammenhang finden wir auch in Magnificat Primi Toni BuxWV 203 und der Choralbearbeitung Meine Seele erhebt den Herrn BWV 648. Beides beeindruckende Vertonungen des Lobgesangs Marias. BuxWV 203 ist ein freieres und affektgeladeneres Werk im Stil der norddeutschen Choralfantasie, welches die gregorianische Melodie als Ausgangspunkt für vielfältige musikalische Entfaltung und Stimmungen nutzt – von jubelnder Freude bis hin zu tiefer Demut. Im Kontrast dazu zeichnet sich BWV 648 durch seine innige und meditative Atmosphäre aus. Die Choralmelodie des Lutherischen Magnificat steht klar im Vordergrund und wird von einem fließenden und harmonisch reichen Satz umspielt. Dadurch gelingt es Bach hier auf wunderbare Weise, die spirituelle Tiefe des Textes in Musik zu fassen.
Johannes Götz ist seit 1992 als Bezirkskantor für das Dekanat Waldshut u. a. für die kirchenmusikalische Ausbildung in der Region zuständig. Er studierte an der Musikhochschule Freiburg und am Königlichen Konservatorium Brüssel. Neben seinem Organistenamt in der Pfarrgemeinde St. Peter/St. Märgen leitet er die dortige Konzertreihe “Barockkirche St. Peter“. Konzerte als Organist, Kammermusiker und Ensembleleiter führten ihn durch ganz Europa. Als erzbischöflicher Orgelinspektor berät er die Kirchengemeinden in den Dekanaten Endingen-Waldkirch und Neustadt.